Ein Grund, weshalb ich neue Songs gern schreibe: es sind die Ideen, die unerwartet, ungeplant und zwecklos irgendwo beginnen und über das Instrument und die Lyrics zum Sprechen gebracht werden. Manchmal ist es ein Rhythmus, den ich seit Tagen klopfe, manchmal eine inspirierende Textzeile, die weitere Zeilen entstehen lässt, oder dissonante Griffe auf der Gitarre, deren Klang es zu retten gilt – oder eine Arrangementidee, die es mit Musik zu füllen gibt. Auch ergeben sich schon mal die Songs wechselseitig zwischen Instrument, Lyrics und Rhythmus. Und oft genug, wenn 2, 3, 4 Parts identifiziert sind, bestimmen Zufall, Würfel oder Geschmacksrichtungen, wie oft welche Parts wiederholt werden und ob Intro, Outro oder Solo überhaupt nötig ist.
Doch das Ganze wird erst wirklich lebendig, wenn meine Mitmusiker:innen ins Spiel kommen. Jede:r bringt eigene Ideen, Sounds, Stimmungen mit – manchmal bewusst, manchmal einfach aus dem Bauch heraus. Ein Basslauf, der plötzlich alles zusammenhält. Ein Drumgroove, der den Song in eine ganz neue Richtung schiebt. Eine Melodie, die sich über alles legt und dem Stück eine neue Farbe gibt. Oder ein Kommentar im Proberaum, der alles auf den Kopf stellt – im besten Sinne.
Es ist mitunter ein kollektives Basteln, ein musikalisches Pingpong, bei dem zu Anfang niemand genau weiß, was am Ende rauskommt. Und genau das macht es so spannend. Manchmal kommt ein Song fertig in den Proberaum (und es liegen viele, viele Songs aus den vergangenen Jahren in der Schublade) oder wir werfen uns Parts zu, verwerfen sie wieder, bauen sie neu zusammen, improvisieren bis wir irgendwo hängen bleiben, wiederholen und damit als Part festschreiben. Manchmal entsteht aus einem kleinen Fragment ein ganzer Song – und manchmal bleibt nur ein Takt übrig, der Monate später plötzlich Sinn ergibt.
Diese Offenheit im Entstehungsprozess ist für mich das Herzstück des Songwritings. Es geht nicht darum, etwas Perfektes zu erschaffen, sondern etwas Echtes. Etwas, das lebt, atmet, stolpert und sich wieder aufrappelt. Ein Song darf roh sein, unfertig klingen, sich gegen gängige Strukturen wehren – Hauptsache, er hat Haltung.
Songwriting ist für mich kein Handwerk, sondern ein Experiment. Ein Spiel mit Möglichkeiten, ein Dialog mit dem Unbekannten – und mit der Band. Und genau deshalb schreibe ich neue Songs.